Der Geist (shen 神) wird in der frühen Chinesischen Philosophie und Medizin als kosmische Kraft verstanden, die im gesamten Kosmos wirksam und nicht primär individueller Natur ist. Insofern ist shen eben der Aspekt, welcher sich, im Unterschied zu allen anderen Aspekten des menschlichen Organismus, nicht in die Kategorien von yin und yang einteilen lässt:
Das was Yin und yang nicht ermessen können, wird als shen bezeichnet (Huangdineijing, Suwen 66).
Dieser Bezug des Geistes zur Ungeschiedenheit von yin und yang hat wiederum unmittelbare Konsequenzen für das therapeutische Vorgehen in der Chinesischen Medizin. Wir werden sehen, warum, im Unterschied zum abendländisch-medizinischen Konzept der Psyche und des Bewusstseins, der Geist selbst nicht erkranken kann und auf welche Weise er die Gesundheit eines Menschen zu initiieren vermag. Dabei werden wir schließlich auch der Frage nachgehen, ob und wie der Geist selbst (therapeutisch) beeinflusst werden kann.